simulierte Temperaturverteilung in einer Eruptionsäule mit Aschenstrom

PD Dr. Ulrich Knittel:
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'Mind over magma - the story of igenous petrology'
von Davis A. Young


60,29 US $ bei amazon.com
ISBN 0-8018-5614-0

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- english review -

Die moderne Petrologie magmatischer Gesteine ist gegenwärtig eine Domäne angelsächsischer Wissenschaftler und Autoren- so gibt es z.Bsp. schon seit meiner Studienzeit vor rund 30 Jahren kein vernünftiges deutschsprachiges Buch über die Petrologie magmatischer Gesteine (sieht man einmal von dem eher deskriptiven Werk Wimmenauer's ab). Das war doch einmal anders?!

Das vorliegende Buch liefert hier eine Antwort, wie auch auf viele andere Fragen. Der Autor zeichnet in diesem voluminösen Werk (über 660 Seiten, fast 60 Seiten Literaturangaben und über 1,1 kg Gewicht!) die Geschichte der Petrologie nach. Dabei geht der Verfasser nicht rein chronologisch vor, sondern fasst in einzelnen Kapiteln methodische Ansätze zusammen, z.Bsp. gibt es da Kapitel wie 'The Microscope Era', 'The Experimental Era' oder 'The Geochemical Era'. Diese Vorgehensweise erlaubt es, die Fortschritte, die durch den Einsatz neuer Methoden gemacht wurden, zusammenhängend darzustellen.

Das Buch beginnt mit sehr ausführlichen Darstellungen der frühen Bemühungen geowissenschaftlich interessierter Menschen, die Natur zu verstehen und geologische Phänomene zu klassifizieren. Dabei wird auch deutlich, dass die Neptunisten nicht einfach ignorant waren, vielmehr hielt man aktiven Vulkanismus für ein junges Phänomen und zudem fand man bei jungen Lavaströmen keine Säulenbasalte.

Die Kapitel, die neueren Entwicklungen gewidmet sind, stellen mehr als die 'abgeschlossenen' Kapitel stärker eine persönlich gefärbte Sicht des Verfassers dar. Dies ist verständlich, denn erst die Zeit wird zeigen, welche Ansätze und Ideen die Zeit überdauern werden. Daher wird mancher Leser in diesen Abschnitten manche Arbeit, die er für einen Durchbruch oder einen zukünftigen Klassiker hält, vermissen. Dennoch, die Tatsache, dass dieses Buch die Geschichte bis in unsere Tage hinein nachzuzeichnen versucht, macht dieses Buch so spannend.

Mehrfach kehrt der Autor zu den 'klassischen' Problemen der magmatischen Petrologen zurück, denen der Nomenklatur magmatischer Gesteine und dem der Platznahme von großen Plutonen und Batholithen. In Bezug auf die Nomenklatur ist durch die Arbeit von IUGS Kommissionen ja bekanntlich ein gewisser Konsens geschaffen worden; glücklich ist damit aber noch lange nicht jeder! Und so zeigen die entsprechenden Kapitel, dass das Ringen um eine allumfassende Namensgebung schon seit Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit magmatischen Gesteinen ein zentrales Thema war. In Bezug auf das Problem der Platznahme von Batholithen zeigt der Autor sehr deutlich, das diese ungelöste Frage für viele Petrologen ein wichtiger Grund war, die magmatische Natur von Graniten abzulehnen.

Deutschsprachige Leser werden in dem Abschnitt über die frühen Kontroversen über die Natur von Granit und Basalt Goethes Beiträge vermissen; doch muss man bedenken, das Goethe zu seinem Leidwesen nie von der Wissenschaftswelt ernst genommen wurde. In den Abschnitten über die Granit-Kontroverse der 50er Jahre wird er zudem Hinweise auf die experimentellen Arbeiten von H.G.F. Winkler in Göttingen vermissen, die in Europa doch dem Gedanken, das Granite durch Aufschmelzen von Metasedimenten entstehen, zum Durchbruch verholfen haben. Gleiches gilt für das Buch von K. Mehnert, dessen Buch 'Migmatites and the origin of granitic rocks' der Verfasser dieser Zeilen als Student als 'endgültige' Klärung der Granit-Kontroverse vorgestellt bekam.

Es ist interessant festzustellen, dass ein Amerikaner die Geschichte der magmatischen Petrologie geschrieben hat, hat er doch einige Schwierigkeiten mit der Vielsprachigkeit früherer Publikationen. Allein schon für die Bewältigung dieses Problems ist dem Autor zu gratulieren. Für mich persönlich war es interessant, verschiedene Kontroversen, die mich als Student beschäftigten (z.Bsp. die neuen Ideen zur gravitativen Fraktionierung), noch einmal zu verfolgen. Der Wert dieses Buches liegt aber vor allem darin, dass es dem Autoren gelingt zu zeigen, dass, dass die manche Kontroversen, deren Lösung uns heute völlig selbstverständlich ist, im Lichte des damaligen Wissenstandes völlig verständlich waren - auch die Gegner heute allgemein akzeptierter Vorstellungen hatten gute Argumente!

Dieses Buch ist jedem an der Geschichte seiner Wissenschaft interessierten Geowissenschaftler zu empfehlen. Ein Laie braucht schon einigen Enthusiasmus, um die über 600 Seiten zu bewältigen, vor allem wenn er nicht wenigstens über einige Grundkenntnisse verfügt. Zudem wird ihn die Vielzahl der Namen möglicherweise verwirren, während Geowissenschaftler auf sehr viele bekannte Namen stoßen. Ihnen kann ich bei dem augenblicklichen Wechselkurs des Dollar nur empfehlen: Jetzt zugreifen!

Dr. Ulrich Knittel